Wenn ich ehrlich bin, auf solch einen Anruf hatte ich schon länger gehofft. Da habe ich die Lösung für ein Problem fertig erarbeitet und endlich meldet sich jemand bei mir, der hierfür ein wenig Unterstützung benötigt. Andreas Strick hat mich darum gebeten, seine liebsten Arbeiten photografisch zu reproduzieren. Seine Bilder aus Acryl oder Öl sind unwahrscheinlich farbintensiv und wirken auf den Betrachter manchmal regelrecht hypnotisch. Aber er war mit seinen Bemühungen, hiervon Fotos zu erstellen, nie so ganz zufrieden.
Dabei ist das Grundsetup einfach: Man richte den Kamerasensor möglich parallel zum Bild aus und stelle zwei Blitze im 45 Grad Winkel zu dem Gemälde auf. Zwei Schirme vor den Blitzen machen das Licht weich und verteilen es gleichmäßig über die Künstlerobjekte.
Zur Not gelingt das auch ganz gut auch ohne Blitze, z.B. im Schatten auf der Nordseite. Aber warum war der Andreas bislang mit seinen Versuchen nie so ganz zufrieden? Es sind die Farben! Ob das Rot auf einem Sonnenuntergangsfoto genau mit der Wirklichkeit übereinstimmt, kann im Nachhinein keiner genau erinnern und ist im Zweifelsfall auch gar nicht so wichtig, weil das Ergebnis vor allem gut aussehen soll. Nicht so bei Kunstreproduktionen! Hier hat der malende Künstler ein ganz genaues Bild von den Farben seiner Arbeit (Farbton, Helligkeit, Struktur des Pinselstrichs usw.) und er kann jederzeit das Original mit der Reproduktion vergleichen.
Die Lösung für dieses Problem ist die korrekte Kalibrierung der Kamera. Ich verwende hierfür den X-Rite ColorChecker. Das ist eine Karte mit Referenzfarben, die einmal ins Bild gehalten und dann als Aufnahme in Lightroom importiert wird. Die Fotos werden mit dem neuen Kameraprofil verknüpft und voilà, die Farbtöne von Blau und Rot wirkten nach einem Mausklick viel intensiver, die Helligkeit passt und insgesamt entspricht alles merklich besser dem Original.
Für wahre Enthusiasten kann die Angelegenheit erst richtig rund werden, wenn alles gegeben wird: Ausrichtung der Kamera auf einem Getriebeneiger, Fernsteuerung der Blitze mit einem Funkcontroller und als letztes Highlight automatische Übertragung der Fotos und Import in die Lightroom Bibliothek per tethered shooting. Yes, weil wir can!
Also alles ganz einfach, wenn man nur genug Bescheid weiß? Nein, die Tücke liegt wie immer im Detail, und so auch bei unserem Shooting. Zunächst waren die Bilder nicht ganz gleichmäßig ausgeleuchtet, also mußten wir uns sukzessive an das beste Ergebnis heranrobben, die Lösung war letztendlich ein größerer Abstand der Blitze zu den Objekten. Das sagt sich jetzt so einfach, aber der Platz in meinem kleinen Dachstudio ist leider endlich.
Dann fiel uns auf, dass der rechte Blitz irgendwie weniger Licht abgab als der linke. Also noch einmal die genaue Position der Blitze aufeinander abgestimmt. Dann bei den zwei Blitzen die Blitzbrennweite und die Blitzstärke verglichen. Auch wenn die Geräte schon sehr hoch auf den Blitzstativen thronten - kein Problem, das kann ja ganz bequem mit dem Funkcontroller an der Kamera überprüft werden, wozu sich die Mühe machen und zu den Blitzen heraufklettern, dort die Werte ablesen. (Der geneigte Leser wird es wohl schon erahnen, hier verbarg sich die Lösung). Und im übrigen konnte es doch nicht sein, was war, habe ich doch schon x-mal mit diesem Blitzsetup gearbeitet, nie gab es dabei Probleme.
Ich kam dann sofort drauf, als ich einen Blick auf die Rückseite der Blitze warf. Egal, was ich mit meinem Remotecontroller einstellte, der Funkempfänger am rechten Blitz hatte immer dieselben Werte übermittelt! Sobald der ausgetauscht war, lief alles so, wie es sollte.
Was lerne ich daraus? Tauchen Probleme auf, nicht an den Phänomen herumdoktern, sondern der Ursache auf den Grund gehen. Das kostet Zeit und Nerven, aber alles andere ist sonst nur Vodoo.